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Generative KI und akademische Integrität: Herausforderungen und Chancen

KI im Schulalltag – Fluch oder Segen?

Die rasante Entwicklung generativer Künstlicher Intelligenz (KI) hat das Bildungssystem vor neue Herausforderungen gestellt. Schülerinnen und Schüler nutzen KI-Tools wie ChatGPT, Grammarly oder DeepL zunehmend als Unterstützung beim Verfassen von Texten. Doch wo verläuft die Grenze zwischen legitimer Hilfestellung und akademischem Betrug?

 

Dieser Artikel beleuchtet den Einsatz generativer KI im Unterricht, diskutiert deren Potenziale und Risiken und zeigt, wie Lehrkräfte durch gezielte Anpassungen von Aufgabenformaten und Prüfungen die akademische Integrität wahren können.

Potenziale und Risiken generativer KI in der Bildung

Positive Einsatzmöglichkeiten im Unterricht

Generative KI kann Lernprozesse auf vielfältige Weise bereichern:

Unterstützung beim Schreibprozess: KI kann beim Brainstorming helfen, Entwürfe generieren oder Feedback zu Struktur und Stil geben.
Personalisierung des Lernens: Schülerinnen und Schüler können auf ihrem individuellen Niveau gefördert werden.
Zeitersparnis für Lehrkräfte: KI kann bei der Korrektur, dem Erstellen von Materialien und der Analyse von Schülerantworten unterstützen.

 

Risiken und Missbrauchspotenzial

Ersatz für eigenständiges Denken: Wenn KI komplette Arbeiten generiert, bleibt der Lernprozess auf der Strecke.
Fehlende Transparenz: Oft ist schwer nachvollziehbar, wie viel eine Schülerin oder ein Schüler tatsächlich selbst erarbeitet hat.
Fehlende oder falsche Quellenangaben: KI-generierte Texte können Plagiate oder erfundene Quellen enthalten.

 

💡 Analogie: Wie ein Hammer sowohl zum Bauen als auch zum Zerstören genutzt werden kann, ist auch KI ein neutrales Werkzeug. Ihr Wert hängt von der Art der Nutzung ab.

Was gilt als „Cheating“? Eine neue Definition ist gefragt

Die Nutzung von KI in der Schule liegt auf einem Kontinuum:

Nutzung

Beispiel

Akzeptabel?

Unterstützung

KI hilft beim Brainstorming oder formuliert Sätze um.

Ja

Grenzfall

KI erstellt einen Rohentwurf, der von der Schülerin überarbeitet wird.

⚠️ Kommt auf die Lehrkraft an

Komplette Übernahme

Die Schülerin gibt ein Thema ein und reicht den KI-Text unverändert ein.

Nein

Lehrkräfte sollten für jede Aufgabe definieren, was erlaubt ist und was nicht. Diese Definition kann je nach Fach, Klassenstufe und Lernziel variieren.

Neue Wege für Aufgaben und Prüfungen

1. Mehrstufige Schreibaufgaben

Durch die Einführung von Checkpoints (z. B. Brainstorming, Gliederung, Rohfassung, Überarbeitung) wird der Schreibprozess sichtbar.

2. Integration persönlicher Elemente

Aufgaben, die persönliche Erfahrungen, Reflexion oder kreatives Denken erfordern, sind schwer von einer KI zu übernehmen.

3. Mündliche Prüfungen und Diskussionen

Ergänzende mündliche Prüfungen helfen, den individuellen Wissenstand besser zu erfassen.

 

💡 Tipp: Lehrkräfte sollten ihre Aufgaben selbst mit KI testen, um zu überprüfen, ob sie leicht „lösbar“ sind.

Schreibprozess überwachen statt nur das Endprodukt bewerten

Viele KI-Detektionstools wie GPTZero oder haben eine hohe Fehlerquote. Deshalb sollte der Fokus auf dem Schreibprozess liegen:

🔍 Google Docs Versionierung: Die Versionshistorie zeigt den Schreibverlauf, inklusive einzelner Tastenanschläge.
🔍 Spezialisierte Tools: Erweiterungen wie Draftback oder Class Companion visualisieren die Entwicklung eines Textes und erkennen auffällige Copy-Paste-Vorgänge.

 

💡 Warum ist das wichtig? Wenn eine Schülerin in fünf Minuten eine komplette Arbeit einfügt, ist das verdächtig. Ein schrittweise wachsender Text deutet hingegen auf einen echten Schreibprozess hin.

Transparenz und korrektes Zitieren von KI-Quellen

Um verantwortungsvollen KI-Einsatz zu fördern, sollten Schülerinnen und Schüler ihre Nutzung offenlegen. Das kann in Form eines kurzen „AI Credits“-Hinweises am Ende der Arbeit geschehen, ähnlich einer Quellenangabe:

📌 „Dieser Text wurde mit Unterstützung von ChatGPT erstellt. Ich habe die KI für die Strukturierung und Umformulierung verwendet.“

 

Diese Transparenz verhindert Missbrauch und fördert einen reflektierten Umgang mit KI.

Klare Richtlinien schaffen und kommunizieren

Schulen sollten Richtlinien zur Nutzung von KI entwickeln, die sowohl erlaubte als auch unerlaubte Anwendungen definieren. Inspiration bieten bestehende Konzepte, etwa von Dr. Tory Trust, die zwischen unterstützendem und betrügerischem Einsatz differenzieren.

Wichtig ist, dass alle Beteiligten – Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler sowie Eltern – über die Regelungen informiert sind.

Lehrkräfte profitieren auch vom Erfahrungsaustausch: Welche Strategien haben sich bewährt? Welche Herausforderungen gibt es?

 

KI ist nicht per se „gut“ oder „schlecht“ – es kommt auf die Nutzung an. Lehrkräfte stehen vor der Herausforderung, klare Regeln zu setzen und ihre Prüfungsformate anzupassen.

Empfehlungen für Lehrkräfte:

✔️ Definieren, welche KI-Nutzung erlaubt ist und was als Betrug gilt
✔️ Aufgaben so gestalten, dass KI nicht den gesamten Prozess übernehmen kann
✔️ Den Schreibprozess (nicht nur das Endprodukt) beobachten
✔️ Transparenz durch „AI Credits“ fördern
✔️ Sich kontinuierlich über KI-Entwicklungen informieren und austauschen

Durch einen reflektierten Umgang mit generativer KI kann das Potenzial der Technologie sinnvoll genutzt werden – ohne die akademische Integrität zu gefährden.

 

 

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